„Voice Up“ im Bundestag
Afghanische Jugend fordert Mitsprache statt „Wartesaal“
Fundierte Analyse statt Bauchgefühl
Der Abend begann nicht mit Forderungen, sondern mit Fakten. Mitra Hashemi präsentierte die Ergebnisse einer monatelangen Recherche, für die sie 60 qualitative Interviews mit afghanischen Jugendlichen in Berlin geführt hatte.
Die Analyse zeichnete das Bild einer Generation, die „startklar“ ist, aber systematisch ausgebremst wird. Hashemi sprach von einem „Leben im Wartesaal“:
Rechtliche Unsicherheiten (Kettenduldungen, §22-Chaos) verhindern langfristige Lebensplanung.
Psychischer Druck durch „Transnationalen Stress“ und Sorge um Familienangehörige unter der Taliban-Herrschaft belastet den Alltag.
Bürokratische Hürden drängen junge Talente in prekäre Helferjobs, statt ihnen Bildungsaufstiege zu ermöglichen.
Der Forderungskatalog: Konkret und Konstruktiv
Das Herzstück der Veranstaltung war die Übergabe des „Katalogs der Zukunftsforderungen“. Die Jugendlichen von „Voice Up“ präsentierten in drei Themenblöcken Lösungen, die direkt aus ihrer Lebensrealität stammen:
Rechtssicherheit & Humanitäre Verantwortung
Keine Kooperation mit Terroristen: Die Jugendlichen fordern die sofortige Beendigung jeglicher konsularischen Kooperation mit den Taliban. Deutsche Behörden müssen sichere Alternativen zur Passbeschaffung schaffen, da der Kontakt zu den Verfolgern unzumutbar ist.
Ende der Unsicherheit: Gefordert wird eine langfristige Bleibeperspektive statt kurzfristiger Duldungsverlängerungen, insbesondere für Aufnahmen über das Bundesaufnahmeprogramm (§22).
Sichere Fluchtwege: Ein verlässliches Programm für den Familiennachzug und legale Wege für Geldtransfers zur Unterstützung der Familien.
Bildung & Empowerment
Schule für alle: Bildung ist ein Menschenrecht und darf keine Altersgrenze haben. Die Jugendlichen forderten Zugang zu regulären Schulen auch für Personen über 18 Jahren.
Keine Segregation: Eine klare Absage an separate „Lagerschulen“ in Unterkünften – Integration gelingt nur gemeinsam.
Anerkennung: Vereinfachte Anerkennung von Qualifikationen und die Einführung von Dari/Paschto als Wahlfächer.
Partizipation
Etablierung eines festen Konsultationsformats zwischen Bundesregierung und Diaspora.
Verbindliche antirassistische Sensibilisierung in Behörden.
Podiumsdiskussion: „Von der Idee zur politischen Bühne“
Wie diese Forderungen Realität werden können, diskutierte im Anschluss ein hochkarätiges Podium unter der Moderation von Navid Hashemi (Baaham e.V.).
Der Gastgeber Hakan Demir (MdB, SPD) debattierte gemeinsam mit den Berliner Abgeordneten Jian Omar (Grüne) und Orkan Özdemir (SPD) sowie der Pankower Integrationsbeauftragten Forouzan Forough und Rechtsanwältin Mehria Ashoftah. Einigkeit bestand darin, dass die bürokratischen Hürden – insbesondere bei der Passbeschaffung und dem Zugang zu Bildung für junge Erwachsene – abgebaut werden müssen, um das Potenzial dieser Generation nicht zu verlieren.
Ein emotionaler Abschluss
Der Abend endete mit der feierlichen Übergabe der Teilnehmerbescheinigungen. Die Moderatorinnen Mehria und Morsal betonten zum Abschluss: „Dieser Katalog ist übergeben. Das Projekt ‚Voice Up‘ endet heute formal, aber unsere Stimmen werden nicht verstummen.“
Baaham e.V. dankt allen Beteiligten, Förderern und Gästen für diesen historischen Abend. Wir werden den Dialog fortsetzen.
Hier können Sie den vollständigen Forderungskatalog als PDF herunterladen:

